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Kreis Trier-Saarburg/Züsch: Kirche will Vertrag mit Vodaphone kündigen

Aus: Trierischer Volksfreund, 09.01.2002

Züsch will sein Funkloch behalten

D2-Sendemast auf katholischer Kirche unerwünscht – Diskussionsforum mit mehr als 100 Teilnehmern

Von unserer Mitarbeiterin
SANDRA POLLOK

Christian Rosar argumentierte engagiert gegen den Sendemast.

ZÜSCH. Mehr als die Hälfte der Einwohner von Züsch und Neuhütten können auf Mobilfunk in ihrem direkten Umfeld gut verzichten. Die Bürgerinitiative "Sendemastfreies Züsch-Neuhütten" bündelte die gesammelten Vorbehalte und Befürchtungen in einem Diskussionsforum mit über 100 Teilnehmern in der Mehrzweckhalle.

Man kann ihnen heute nicht mehr entkommen. In Bussen und Bahnen, Cafés, Schulen und sogar während Kinofilmen tuten, piepen und musizieren Handys. Funklöcher in Orten mit zu wenigen oder gar keinen Sendemastantennen sorgen normalerweise für Ärger. Nicht so in Züsch. Die Mehrzahl der Einwohner protestiert gegen den Plan, einen Sendemast im Glockenturm der katholischen Kirche anzubringen (der TV berichtete).

Pastor Manfred Reck hatte mit diesem Standort keine Bedenken und schloss mit der Firma D2-Mannesmann einen Vertrag ab, ohne den Ortsgemeinderat oder die Bevölkerung vorher zu informieren.

600 Unterschriften gesammelt

Seitdem steht eine Bürgerinitiative Kopf. Nachdem sie mit einer Aktion 600 Unterschriften gegen die Kirchturm-Antenne gesammelt hatte, veranstaltete sie in Züsch ein Diskussionsforum. Baubiologe Frank Mehlis war aus Bonn ins verschneite Züsch gekommen, um über die Risiken des Mobilfunks zu informieren. Moderiert wurde die Veranstaltung von TV -Redakteur Jörg Pistorius.

"Aus der Praxis kennen Kinderärzte, Umweltmediziner und Baubiologen Krankheitsbilder wie Schlafstörungen, Allergien, Lernstörungen bei Kindern und Migräne, deren Ursache in der hochfrequenten gepulsten Mobilfunkstrahlung zu suchen ist", referierte Mehlis. Sogar die Bundesärztekammer verlange bereits seit August 2000 vom Bundesamt für Strahlenschutz eine drastische Senkung der Grenzwerte für Mobilfunkstrahlung. Bei den Einwirkungen auf den menschlichen Organismus wird laut Mehlis vom Bundesamt für Strahlenschutz und den Mobilfunkbetreibern "nur" der thermische Effekt anerkannt. Dies bedeute, dass eine durch Strahlung bedingte Erwärmung des Körpergewebes Risiken zu Gesundheitsschäden in sich berge.

"So genannte nicht-thermische Effekte der elektromagnetischen Wellen, welche Wissenschaftler für die Beeinflussung bestimmter Gene verantwortlich machen, werden ignoriert", so der Baubiologe. Mehlis zeigte internationale wissenschaftliche Studien auf, die belegen, dass gepulste Hochfrequenz, wie sie von Handys und deren Sendemasten ausgehen, in Tierversuchen Hirnschäden, Erbgutveränderungen, eine drastische Reduzierung des Immunhaushalts sowie Tumorwachstum und Krebs auslösen können.

Manfred Reck trat diesen Theorien entgegen. "Wissenschaftlich sind Gesundheitsschäden an Menschen nicht nachzuweisen, und Schlafstörungen gab es auch schon früher", argumentierte der Pastor. Und wenn es Erkenntnisse über Gesundheitsschäden gebe, sei es in seinem "guten Vertrag mit Mannesmann" festgehalten, dass der Betreiber dem entgegenwirken oder sogar die Antenne demontieren würde.

Scharfe und emotionale Diskussion

"Nur weil es noch keine solchen Untersuchungen gibt, heißt es nicht, dass Handystrahlen vollkommen ungefährlich sind", konterte Klaus Lorscheider, Initiator der Bürgerinitiative, gegen Recks Argumente.

Der Pastor versuchte, die Anwesenden davon zu überzeugen, dass man die Antenne im Kirchturm nicht verstecken will, sondern dass sie an diesem Standort der Gemeinde finanziell sehr zum Vorteil sei. "Aber wenn die Antenne mitten im Dorf errichtet wird, ist die Strahlung sehr hoch und damit auch die Gesundheitsgefährdung", berief sich Christian Rosar auf die Ausführungen des Baubiologen.

Die Stimmung während der Diskussion wurde immer emotionaler. "Die Bürgerinitiative kommt zu spät", sagte der Pastor. "Hätte ich diese persönlichen Beleidigungen der letzten Wochen geahnt, hätte ich diesen Vertrag nie unterschrieben." Ursula Stimmler betonte, dass man keineswegs den Pastor persönlich angreifen wolle – ein Argument, das vom größten Teil des Auditoriums uneingeschränkt akzeptiert wurde.

So kam die Runde doch noch zu einem Konsens.

Der erste Beigeordnete der Verbandsgemeinde, Michael Hülpes, versprach, dass man gemeinsam versuche, aus dem Vertrag herauszukommen und "dem Betreiber einen neuen Standort außerhalb der Ortschaft anzubieten".

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