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Kinderkrebsfälle auch in Frankreich: Mobilfunksender auf dem Schuldach

Quelle: Humanite/Mai 2002, Yves Gery,  Übersetzung von AD (Priartem) sowie Arte-Sendung "Die Handy-Gefahr", Ergänzung (3. Todesfall durch Gehirntumor bei Kind sowie weitere Erkrankungen) am 21.10.2002

Frankreich (Schule Saint-Cyr, bei Paris): Mobilfunkbasisstationen bedrohen die Gesundheit der Schule Saint Cyr. Zwei seltene Fälle von Kinderkrebs und eine Serie schwerer Erkrankungen beunruhigen die Einwohner von Saint Cyr im Departement Yvelines.

Die Angst wächst in der Schule von Saint Cyr (Departement Yvelines).

Die Ursache: zwei Fälle einer sehr seltenen Form von Kinderkrebs, die im Zeitraum von drei Jahren in dem kleinen Schulkomplex der Stadt auftreten sind (Kindergarten und Grundschule).

1996 stirbt ein kleines fünfjähriges Mädchen, das den Wallon-Kindergarten besucht hat, an einem Gehirntumor, an einer in dieser Altersgruppe sehr seltenen Krebart. 1998, nur zweieinhalb Jahre später, erkrankt ein 8 Jahre alter Junge, der die benachbarte Bizet-Grundschule besuchte, an der selben Krankheit und stirbt ebenfalls. Seine Mutter Celia (Name geändert) sagt uns, daß "es laut Spezialisten des Villejuif-Krankenhauses, die unseren Sohn betreut haben, nur 80 ähnliche Fälle pro Jahr in ganz Frankreich gibt." Achtzig von insgesamt etwa 1500 Fällen von Kinderkrebs in der Altersgruppe 0-15 Jahre, davon 450 Leukämiefälle.

Auch wenn das Leben in der Schule Saint Cyr weitergehen muss, wächst die Angst bei den Eltern. Sie sind beunruhigt wegen der Zahl von Menschen, die in der Nähe des Schulkomplexes leben und ernste Gesundheitsprobleme haben. Zwei Sendemasten von France Telecom und SFR befinden sich auf dem Schuldach, jeder mit zwei GSM-Antennen bestückt. Aufgerüttelt Anfang 2001 durch die Arbeiten des Forschers Dr. Roger Santini (tätig im biochemischen und pharmakologischen Labor der INSA, Lyon, bekannt durch seine Veröffentlichung "Mobiltelefone und ihre Basisstationen: Gesundheitsrisiken?", erschienen in The Medical Press, 1999, sowie durch eine epidemiologische Studie im Nahbereich von Mobilfunksendern (entfernungsabhängige Beschwerden), begannen 3 Mütter von Saint Cyr, wissenschaftliche Literatur über mögliche Schäden durch Mobilfunkantennen zu sichten, da die Antennen auf der Schule von Saint Cyr ihre Strahlung in unmittelbarer Nähe von Gebäuden und Spielplätzen aussenden. Zweifellos ist dies eine der Stellen in Frankreich, an denen die Antennen am nahesten an den Kindern aufgebaut wurden.

Eine andere auffällige Tatsache ist das Installationsjahr der Antennen. Die ersten beiden wurden 1992 installiert, die nächsten zwei 1997. Das bedeutet, dass die Kinder seit 10 Jahren kontinuierlich der Strahlung ausgesetzt wurden. Noch einmal, das ist nicht normal.

Besorgte Eltern richteten ein öffentliches Gesundheitkataster in dem Gebiet ein. Im November 2001 wurde eine Anfangsliste von schweren Fällen zusammengestellt. Seitdem ist die Liste gewachsen, und die Angst ist weiter gestiegen. Bis jetzt wurden vierzehn schwere Erkrankungen registriert. Darunter ein Fall von Knochenkrebs bei einem zehnjährigen Kind und eine hämorrhagische Kolitis bei einem neun Jahre alten Mädchen, bei dem die Behandlung nicht anspricht. Beide haben den Kindergarten und die Grundschule besucht.

Bei den Erwachsenen wurden mindestens zehn schwere Erkrankungen aufgelistet, mehrere davon erst kürzlich, darunter drei Krebsfälle beim Personal der Schulkantine.

"Als ich sah, wie die Anzahl dieser Fälle anstieg, fing ich an, an die Antennen zu denken, vor etwa einem Jahr. Und ich dachte auch an unseren Sohn", fährt Celia fort. Im Januar 2002 erschütterte sie die Nachricht von den Kinderkrebsfällen im spanischen Valladolid. "Das Verhalten der Betreiber, die darauf bestehen, dass es keine Gesundheitsgefährdung gibt, und behaupten, dass die Anwohner unter psychosomatischen Beschwerden leiden, mit Argumenten wie "nicht daran denken, dann wird es besser", überzeugte mich immer mehr davon, dass sie etwas vor uns verbergen. Und dass da etwas sein könnte." Seitdem kämpft Celia, mit verschiedenen Organisationen, für die Beseitigung der Antennen auf der Schule und für die Einhaltung des Vorsorgeprinzips. "Wir können nicht zulassen, dass andere Kinder leiden. Diese Krankheit ist wirklich zu hart."

Von ihren Ansichten überzeugt, weigern sich die Betreiber, ihre Basisstationen zu entfernen, mit dem Argument, es gäbe kein bewiesenes Risiko. Der Kampf der Eltern war jedoch nicht ganz erfolglos, der Bürgermeister verbat in einer Anordnung Mitte 2001 alle Basisstationen, die näher als 300 Meter von Gebäuden entfernt waren und ordnete die Beseitigung der bereits existierenden Antennen an. Die Betreiber zogen dagegen jedoch vor Gericht und erreichten die Annulierung der Anordnung einen Monat später, die Stadt musste sogar noch eine Geldstrafe von 6000 Franc zahlen. 2001 griffen die Eltern in zwei Fällen "körperlich" ein, um zu verhindern, dass der Betreiber Bouygues Telecom sechs neue Basisstationen auf dem Dach eines Privathauses errichtete, 310 Meter vom Schulkomplex entfernt. 600 Einwohner gaben ihre Unterschrift gegen die Installation ab. Im Oktober 2001 schrieben die Eltern an den französischen Gesundheitsminister, Bernard Kouchner.

Als Antwort sandte ihnen der Minister einen technischen Bericht des Gesundheitsministeriums, in dem die seit mehr als einem Jahr unveränderte Position der französischen Behörden geschildert wurde, in der beschwichtigt wird, mögliche Risiken aber nicht ausgeschlossen werden: "Es gibt derzeit keinen Beweis für die Existenz eines objektiven Risikos für die Bevölkerung, die in der Nähe von Mobilfunkbasisstationen lebt. Erkrankungen verschiedener Art, rein subjektiver Natur wurden berichtet, für die es nicht möglich war, eine Verbindung mit diesen Anlagen herzustellen. Da diese Anlage noch nicht sehr lange existieren, kann die Existenz oder das Fehlen eines Risikos, das mit diesen Anlagen in Verbindung gebracht wird, nicht bestätigt werden."

Eine unbefriedigende Antwort für die Eltern, die eine epidemiologische Studie fordern, zumindest auf regionaler Ebene. "Wir werden kämpfen bis zum Ende", versprechen sie.

Kommentar der Elektrosmognews: Weder von Seiten der Betreiber noch durch die Regierungen sind bisher umfassende epidemiologische Studien im Umfeld von Mobilfunk-Basisstationen durchgeführt worden, obwohl die ersten GSM-Sender bereits Anfang der 90er Jahre in Betrieb genommen wurden und obwohl es danach in der Umgebung vieler Sender zu schweren Gesundheitsproblemen kam, insbesondere zu Gehirntumoren und Leukämie, neben Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Tinnitus, Immunschwächen, Parkisonscher Krankheit, Alzheimer u.a. Die ersten epidemiologischen Untersuchungen im Umfeld von Mobilfunksendern sind deshalb noch ziemlich neu und wurden ausnahmslos von unabhängigen Wissenschaftlern durchgeführt (z.B. Spanien: Uni Valencia, Frankreich: Dr. Santini, Österreich: Prof. Kundi/Uni Wien). Erste Ergebnisse deuten auf eindeutige Zusammenhänge von typischen Mobilfunksymptomen mit der Höhe der Strahlungsbelastung hin. Für Rundfunk- und TV-Sender sowie Radarstationen wurden bereits mehrere epidemiologische Studien durchgeführt, eine Auswahl davon findet sich unter http://www.elektrosmognews.de/news/epidemiologie.htm
in deren Ergebnis dosisabhängig Häufungen schwerer Erkrankungen wie Leukämie und Gehirntumor festgestellt wurden. Wann wird endlich gehandelt? Wieviele Tote nehmen wir noch hin?

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