Mehr zum Thema Mobilfunk und Gesundheit

Liechtenstein: Heute Gerichtsverhandlung

Quelle: Liechtensteiner Volksblatt, 18.02.2002

Mobilfunk: Stellt Staatsgerichtshof heute die Weichen «Gesundheit vor Wirtschaft?»
Eine Stellungnahme des Vereins für gesundheitsverträglichen Mobilfunk (VGM)

Auf heute Montag ist die nicht öffentliche Schlussverhandlung anberaumt, in welcher die Verfassungsgerichtssache zur Geschäftszahl STGH 2000/51 bezüglich Baubewilligung für eine Sende- und Empfangsanlage im Industriegebiet Neugrüt 7, Balzers, behandelt wird.

Die Verhandlung wird von den Richtern Dr. Klaus Berchtold und Prof. Dr. Klaus Vallender sowie zwei Ersatzrichtern, welche als Ad-hoc Richter vom Landtag bestellt werden mussten, geführt. Der Vorsitz hat lic. iur. Harry Gstöhl. Sie alle haben keine leichte Aufgabe, geht es doch darum, ob in Liechtenstein auch in Zukunft die wirtschaftlichen Interessen (Bau von Antennenanlagen ohne Einspracherecht des Volkes) gegenüber dem in der Verfassung verankerten Recht auf Wohlfahrt, und dazu gehört auch die Volksgesundheit, Vorrang haben werden.

Grenzwerte bieten keinen Schutz

Sowohl in der Wirtschaft als auch bei den Behörden/Politikern herrscht allgemein die Meinung, dass gesundheitsschädliche Einflüsse durch elektromagnetische Bestrahlung nicht bewiesen sind. Alle westlichen Staaten berufen sich dabei auf die Erkenntnisse und Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), deren Abteilung ICNIRP für die Festlegung der Richtlinien für die Grenzwerte zuständig ist. Nur Insidern ist bekannt, dass diese Grenzwerte keinen Schutz für die Gesundheit bieten. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass sich die WHO allein auf die thermische Wirkung, d.h. die Körpererwärmung bei Kurzzeitbestrahlung, stützt. Wenn man sich mit der Materie Mobilfunk und elektromag-netische Bestrahlung eingehend befasst, kommt man zur Erkenntnis, dass die Grenzwerte der WHO so gestaltet worden sind, dass sie kein Hindernis für die flächendeckende Mobilfunkentwicklung darstellen. Wesentlich dabei ist, dass um einen einwandfreien Empfang in Gebäuden zu garantieren, eine genügend hohe elektromagnetische Feldstärke vorhanden sein muss, um auch zwei Hauswände zu durchdringen (sogenannter Indoor-Wert). Und gerade hier liegt das Problem. Bei der Durchdringung einer Mauer gehen bis zu 90 % der elektromagnetischen Feldstärke verloren. Man kann sich also vorstellen, wie hoch die Sendeleistung sein muss, um auch hinter zwei Mauern telefonisch erreichbar zu sein. Dies gilt für das 900 MHz-Band. Beim neueren 1800 MHz-Band liegt dieser Verlust noch höher und erfordert somit eine entsprechend höhere elektromagnetische Feldstärke, welche jedoch über dem WHO-Grenzwert für das 900-MHz-Band liegt. Aber kein Problem für die WHO: Sie erhöht den Grenzwert für das 1800-MHz-Band ganz einfach von 40 V/m auf 60 V/m, also um ganze 50 %. Welchen Stellenwert hat hier noch die Gesundheit?

Im Gegensatz zu den westlichen Ländern, welche dieser modernen Kommunikation den Vorrang geben und die zunehmende Gefährdung der Volksgesundheit noch nicht ernst nehmen, hat die ehemalige Sowjetunion bereits im Jahre 1970 festgestellt, dass nicht die thermische Belastung die Gesundheit gefährdet, sondern die athermische. Das heisst die elektromagnetischen Felder beeinflussen die biologische Funktion der Lebewesen und sind Ursache vieler bereits bekannter Gesundheitsstörungen und Krankheiten. Diese entscheidenden Erkenntnisse wurden bisher von der interessierten Wirtschaft und den meisten verantwortlichen Politikern ignoriert.

Langsames Umdenken

Nur langsam beginnt aufgrund vorliegender Tatsachen ein Umdenken. Dazu nur zwei Beispiele: In Deutschland musste Verteidigungsminister Scharping im Dezember vergangenen Jahres im ZDF bekannt geben, dass von 99 Radartechnikern der Bundeswehr 69 erkrankt und davon bereits 27 verstorben sind. Entscheidend dabei ist, dass dies trotz Einhaltung der WHO-Grenzwerte passieren konnte.

Der zweite Fall in Spanien: Per Gerichtsbeschluss mussten kurzfristig Antennenanlagen stillgelegt werden. In Valladolid stellte man in der Antonio Garcia Quintana-Schule während 15 Monaten vier Krebsfälle bei Schülern fest, dreimal Leukämie, also Blutkrebs und einen Fall von Lymphknotenkrebs. Statistisch wären vier Leukämie-Fälle bei 100 000 Kindern unter 14 Jahren zu erwarten. Es sind aber drei Fälle bei 470 Grundschülern festgestellt worden. Der Epidemiologe Dr. Julio Ordax San José hat zudem noch vier weitere Leukämie-Fälle bei Kindern in der Umgebung festgestellt. Zwei Tage nach der ersten Meldung trifft eine neue ein. Sie ist wenig ermutigend. Die Zeitungen hätten den Fall «Antonio Garcia Quintana-Schule» in Valladolid stark heruntergespielt. Es handle sich nämlich nicht um vier sondern um elf Krebsfälle. Soweit der Bericht aus Spanien.

Schon in der Zeit des Kalten Krieges bestrahlten die Russen die amerikanische Botschaft in Moskau. Aufgefallen ist dies durch die massiv erhöhte Sterblichkeit infolge Krebserkrankung bei den Angestellten dieser Botschaft im Vergleich zu anderen Botschaften. Einzelheiten können dem Lilienfeld-Bericht entnommen werden.

Wer heute noch behauptet, dass die zunehmende elektromagnetische Feldstärke keinen Einfluss auf Lebewesen hat, hat sich mit der Materie nicht befasst oder verdrängt ganz einfach aus Bequemlichkeit oder aus wirtschaftlichen Interessen eine nicht mehr wegzuleugnende Tatsache.

Vorrang für Wohlfahrt

Wir sind auf jeden Fall neugierig, wie die verantwortlichen Mitglieder unseres Staatsgerichtshofes entscheiden werden. Wenn ihnen die Erkenntnisse des neuseeländischen Forschers Dr. Neil Cherry aus seinem über 100-seitigen Bericht bekannt sind, sind wir zuversichtlich, dass der Schutz der Volksgesundheit vor die wirtschaftlichen Interessen gestellt wird. In diesem Bericht hat nämlich Dr. Cherry aufgrund zahlreicher Studienergebnissen anerkannter Forscher ganz klar die Zusammenhänge dargelegt und warnt vor den unabsehbaren Folgen für die Volksgesundheit, falls weiterhin die viel zu hohen WHO-Grenzwerte als Massstäbe für die Gesetzgebung herangezogen werden. Selbst die Vorsorgewerte der Schweiz für «sensible Zonen», welche auch für Liechtenstein übernommen worden sind, sind nur eine Alibi-Übung und immer noch um ein Vielfaches zu hoch.

Wenn bei der Erkenntnis unseres Staatsgerichtshofes aber die Wohlfahrt Vorrang hat gegenüber den wirtschaftlichen Interessen, werden die Richter in Zukunft gesundheitlichen Argumenten mehr Gewicht beimessen müssen. Es ist zu hoffen, dass dem so sein wird.

Verein für gesundheitsverträglichen Mobilfunk (VGM)

Nächste Demo: Nürnberg-Moorenbrunn, 22.2., 15.30 Uhr, am Ende der Ossiacher Straße

Mailkontakt: webmaster@elektrosmognews.de

Mehr zum Thema Mobilfunk und Gesundheit