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Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende enthält Sprengstoff
von Wilfried Kühling
Am kommenden Freitag wird im Bundestag ein Gesetzentwurf beraten, der gesundheitliche Risiken für wohl jeden Haushalt in Deutschland in sich trägt. Der umstrittene Gesetzentwurf Digitalisierung der Energiewende soll ab 2020 sämtliche Wohnungen Deutschlands betreffen und jeden Einspruch gegen den Einbau „intelligenter“ Strom-Messsysteme unmöglich machen. Es steht zu erwarten, dass damit der Zwang zu vermehrtem Elektrosmogs innerhalb der eigenen Wohnung verbunden ist.
Das neue Gesetz soll optimale Voraussetzungen für eine Funksteuerung des Stromnetzes schaffen. Doch inzwischen verdichtet sich die Kritik an dem für Industrie und Wirtschaft freilich lukrativen Vorhaben; es mehren sich massive Einwände, die noch keineswegs ausdiskutiert sind, während die Politik bereits nach Entscheidung ruft.
Zentrale Steuerungs- und aktuelle Umverteilungsmöglichkeiten haben gewiss mancherlei Vorteile. Doch dass sich hierbei nicht bloß Nutzen, sondern auch gravierende Probleme ergeben, wird meist verschwiegen oder klein geredet. Selbst die vom Bundesrat im Dezember formulierten Einwände gegen den Gesetzesentwurf decken keineswegs die Breite der öffentlichen Kritik ab. Namentlich eine Rücksicht auf gesundheitliche und umweltethische Aspekte ist in dem Gesetzesentwurf nicht erkennbar. Es geht vor allem um folgende Aspekte, die alle Bundestagsabgeordneten vor der Gesetzesabstimmung eigentlich reflektiert haben sollten.
Funkbelastung
Die Vorteile bei der digitalen Vernetzung des Stromzählens kommen nur zustande, wenn die einschlägigen Daten relativ häufig erhoben und weitergeleitet werden. Technologisch kann die Übermittlung von Messdaten im Prinzip durch Funk oder über Kabel erfolgen. Funk wird allerdings favorisiert mit der kurzschlüssigen Begründung, dies sei die preiswertere und schneller realisierbare Lösung – ohne dass hierbei in der Kosten-Nutzung-Rechnung gesundheitliche Risiken einbezogen werden.
Strahlenbelastung durch Funk ist in unserer Lebenswelt alltäglich geworden. Längst liegt sie bedenklich hoch – gemessen nicht etwa an den geltenden, aber die vielfältigen heute bekannten gesundheitlichen Wirkungen ausblendenden Grenzwerten, sondern an den deutlich warnenden Stimmen etlicher unabhängiger Forscher aus Ländern rund um die Welt. Inzwischen können etwa eine Beeinflussung der Durchblutung des Gehirns, oxidativer Zellstress, eine Beeinträchtigung der Spermienqualität, eine Destabilisierung der Erbinformation sowie Auswirkungen durch Mobilfunk auf den programmierten Zelltod mit einiger Klarheit festgestellt werden. So die amtliche Auswertung des Forschungsstandes 2015 durch den Mediziner Karl Braun-von Gladiß gibt zu bedenken: „Eine der basalen Forderungen aller für den problembewussten Umgang mit Mobilfunk plädierenden Wissenschaftler heißt, die Mobilfunkdichte vor allem nachts zu reduzieren, weil das biologische System in dieser Zeit besonders sensibel ist. Dementsprechend zweifelte bislang kein unabhängiger Wissenschaftler an der Notwendigkeit, nachts die Sendeleistungen von Mobilfunkbasisstationen herunter zu regeln, was technisch gut möglich ist.“ Gesundheitliche Risiken dieser Art sind ein zu hoher Preis für ein angebliches Energiesparen, zumal es auch mit einer gesundheitsverträglichen technischen Alternative möglich ist.
Mögliche Kabelstrahlung
Wo die Datenkommunikation zwischen dem smarten Stromzähler und der Auswertezentrale nicht durch Mobilfunk, sondern über das Verteilnetz des Elektrizitätslieferanten oder das hausinterne Stromnetz erfolgt, spricht man von Powerline Communication (PLC oder dLAN). Unter gesundheitlichem Aspekt ist aber diese „praktische“ Art von Kabellösung auch nicht unproblematisch. Denn hier wird Elektrosmog im Hochfrequenzbereich über alle Stromleitungen im ganzen Haus wirksam. Allenfalls durch geschirmte Kabel ließe sich dieser Effekt mindern. Die Österreichische Ärztekammer warnt zudem, es lägen Daten aus den USA vor, die ein erhöhtes Krebsrisiko zeigten. Unbedenklich wären im Vergleich nur Ethernet-LAN, Festnetz-DSL oder Glasfaser-Lösungen, deren Bereitstellung als Wahlmöglichkeit das neue Gesetz unbedingt einfordern sollte. Sonst droht die Gefahr, dass der Markt diese gesundheitlich verträglicheren Möglichkeiten eines Tages einfach nicht mehr anbietet.
Datenschutz und Datensicherheit
Am bekanntesten ist das Problem, wie das digitale Zählen mit den Normen des Datenschutzes in Einklang gebracht werden können. So hat der Bundesrat an den Regierungsplänen in seiner Sitzung am 18. Dezember 2015 kritisiert, sie ließen eine Abwägung der unterschiedlichen schützenswerten Interessen vermissen und übersähen wesentliche Verbraucher- und Datenschutzbelange. Der Einsatz intelligenter Messsysteme sollte daher im Ermessen und Entscheidungsspielraum der privaten Endverbraucher liegen. Die Bundesregierung hat diese Einwände zurückgewiesen. Doch Skepsis bleibt angesagt. Das bereits 2011 im Bundestag beschlossene Gesetz für die Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften verlangt zwar, personenbezogene Daten unkenntlich zu machen – aber nur „soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist und im Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.“
Aus grundsätzlichen technologischen Gründen fordern die Journalisten Thomas Fischermann und Götz Hamann, das Stromnetz keinesfalls per Internet zu betreiben: „Solche kritischen Infrastrukturen, die wir für unseren Alltag dringend brauchen… – sie müssen unwiderruflich vom Netz.“ Die gigantischen Datenmengen, die im Zuge intelligenter Zähl-Technologie erhoben, bewegt und zeitweise gespeichert werden sollen, sind nämlich der Gefahr von Hacker-Angriffen ausgesetzt. Fischermann vermerkte bereits 2010: „In den USA, wo schon Millionen intelligenter Stromzähler (smart meters) in den Haushalten installiert sind, interessieren sich Hacker brennend für die neue Technik. Auf ihrer jährlichen Generalversammlung, der Black Hat Convention in Las Vegas, gibt es seit Jahren passende Fortbildungsangebote.“ Sind nicht vor weniger als einem Jahr sogar schon Bundestagsrechner gehackt worden?
Energiesparen
„Intelligente“ Stromzähler sollen dem Energiesparen dienen. Doch trifft das wirklich zu? Selbst bei einer erwarteten Energieeinsparung von bis zu fünf Prozent dürfte allein die energieträchtige Übermittlung, umfangreiche Verarbeitung und Speicherung der Daten den gewünschten Effekt zunichte machen oder gar umkehren. Hinzu kommen die Anschaffungs- und Bereitstellungskosten für die erforderliche Infrastruktur. Dem aktuellen Bundesratsbeschluss zufolge führt der Gesetzesentwurf der Regierung keineswegs dazu, dass der Nutzen die anfallenden Kosten rechtfertigt. Der Zwang zu einer betriebswirtschaftlich unverhältnismäßigen Einbaumaßnahme sei abzulehnen, heißt es ausdrücklich. Doch die Bundesregierung besteht auf ihrem Diktat einer Option zur flächendeckenden Durchsetzung ab 2020.
Resümee
Smart Grid tendiert wesensmäßig zu flächendeckendem Einsatz, könnte sich aber wenigstens Ausnahmeregelungen leisten. Würde ohne sie das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der eigenen Wohnung noch respektiert? Müssen die letzten mobilfunkfreien Zonen in der eigenen Wohnung aufgegeben werden, wenn man dort ohne Mobilfunkstrahlung leben will? Was passiert, wenn die Bedenken von Bundesrat, Medizinern, Verbraucher- und Umweltschützern am Freitag im Bundestag abgeschmettert werden? So wie man beispielsweise das Recht hat, sich vegetarisch zu ernähren oder in Bezug auf Alkohol abstinent zu leben, darf es auch kein totalitärer Automatismus werden, jemanden nur deshalb, weil er Strom beziehen möchte, zu zwingen, in seinem Hause oder seiner Wohnung Mobilfunk zu dulden. Die Technologie wird zwar im Gesetzesentwurf nicht in letzter Konsequenz vorgeschrieben. Aber setzt man da nicht scheinheilig auf den ach so freien Markt, der gesundheitsfreundlichere Modelle um der Bequemlichkeit und Billigkeit von Funklösungen willen doch eines nicht zu fernen Tages hinter sich lassen dürfte?
Fakt ist: Aktuell halten 70 Prozent der deutschen Bevölkerung eine Zwangsdigitalisierung durch den Einbau „intelligenter“ Messsysteme für falsch. In einer freien Gesellschaft wird die gesetzliche Einrichtung einer generellen Wahlmöglichkeit zwischen Funk-, PLC- oder wirklich intelligenter Techniken per Ethernet LAN, Festnetz-DSL oder auch Glasfaser die einzig angemessene Lösung sein. Zuletzt aber geht es auch um das Leben insgesamt, wenn dies durch kurzsichtige technokratische Pläne mit lebensfeindlicher Hochfrequenzstrahlung immer noch mehr bedroht werden soll. Der Bundestag hat nun über nicht weniger als den Erhalt der Freiheit vorn technokratischem Zwang innerhalb des privaten Wohnraums zu entscheiden.
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