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Schwalbach: Mehrere Anwohner von Mobilfunksender erkrankt

Aus: Saarbrücker Zeitung, 10.01.2002

Schwalbach (gal). Eduard Kinne und Georg Rudnick hielten ihr Anliegen schon gleich zu Anfang des Ortsgesprächs für das wichtigste. Sie kamen als betroffene Bürger und Vertreter der Initiative gegen die Funkstation am Römerweg in Schwalbach. "Wir haben 1000 Unterschriften gesammelt, die dagegen sind", berichtete Kinne. Seit zweieinhalb Jahren sei die Anlage in Betrieb, mehrere Anwohner seien bereits erkrankt, was beide eindeutig auf die Strahlung durch die Funkstation für den Mobilfunk zurückführen. "Getan hat sich nichts", beklagte sich Kinne, "mittlerweile wurden weitere Sender dort installiert". Kinne gab an, er habe mehrfach bei Bürgermeister Eberhard Blaß nachgefragt, sein Eindruck sei: "Die Gemeinde selbst weiß gar nicht, was da alles hinkommt. Jeder neue Sender ist eine Umnutzung der Genehmigung." Und das geschehe nach Grenzwerten, die längst überholt seien. "Da bahnt sich eine Katastrophe an", warnte Kinne nachdrücklich. Bürgermeister Eberhard Blaß erwiderte ungehalten: "Die Anlage ist nach Recht und Gesetz errichtet worden. Das hat der Kreisrechtsausschuss bestätigt in einem Verfahren, das Herr Kinne selbst angestrengt hat."

Die bestehenden drei Mobilfunksender seien alle genehmigt, die Grenzwerte würden nicht nur eingehalten, sondern deutlich unterschritten. Seit wenigen Tagen verfüge Schwalbach als einzige Gemeinde im Saarland über genaue Erhebungen über eine solche Anlage durch ein unabhängiges Institut. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (Saarbrücken) habe ein Gutachten erstellt. Dieses liege zwar noch nicht abschließend vor, doch die Messergebnisse stünden fest. "Danach werden alle Grenzwerte erheblich unterschritten", fasste Blaß zusammen. Gerade dort, wo Eduard Kinne wohne, seien die Werte besonders niedrig.

Gleichwohl betonte Blaß, man nehme die Bedenken und Ängste in der Bevölkerung sehr ernst. Daher habe man sich auch beim Saarländischen Städte- und Gemeindetag wegen dieser Sache erkundigt. Dort sei bestätigt worden, es werde nicht erwartet, dass von diesen Sendern eine Strahlung abgesondert werde, die die geltenden Grenzwerte überschritte. Im Übrigen wies Blaß darauf hin, dass eine solche Sendeanlage auch eine wirtschaftliche Bedeutung habe und den Standort Schwalbach aufwerten könne. Die gesundheitlichen Belange würden jedoch mit berücksichtigt.

Eduard Kinne stritt ab, dass die Untersuchung von einer "unabhängigen Stelle" gemacht worden sei, es handele sich um die "Staatliche Ingenieurschule Saarbrücken". Und es sei nicht sichergestellt, dass die Betreiber der Sendeanlage nicht Informationen bekommen hätten und zur Zeit der Messungen ihre Anlagen abgestellt hätten. Die Gemeinde habe für das Gutachten rund 2000 Euro (fast 4000 Mark) ausgegeben, sagte Eberhard Blaß und fügte weiter hinzu: "Wer jetzt dieses Gutachten anzweifelt, kann gern auf eigene Kosten ein eigenes Gutachten anfordern und erstellen lassen."

Georg Rudnick empörte sich weiterhin darüber, dass der Bürgermeister die Frage, ob gesundheitliche Gefährdungen von dem Sender ausgingen, bis heute nicht beantwortet habe. Blaß habe immer wieder darauf hingewiesen, dass er nicht Genehmigungsbehörde sei. Eine Nachfrage bei der Kreisverwaltung habe ergeben, so Rudnick, dass der Sendeturm in einem Landschaftsschutzgebiet errichtet worden sei. "Der Turm wurde von vornherein so geplant, um noch andere Sachen draufzubauen. Der Bürgermeister hat aber gesagt, dass durch die Gemeinde dafür keine Genehmigung erteilt werden solle. Jetzt sind es mindestens drei Sender", sagte Rudnick. Er schilderte, dass der Sendeturm ihn den ganzen Tag und bei allen Tätigkeiten störe. "Der Turm ist immer bei mir", klagte Rudnick. Bürgermeister Blaß reagierte: "Ich lehne es ab, auf diesem Niveau weiter zu diskutieren." Rudnick und Kinne ließen noch einige harsche Bemerkungen fallen. Hans-Georg Abel, Gemeinderatsmitglied aus Elm für die Freie Bürgerliste Schwalbach (FBLS), rief in Erinnerung: "Der Schwalbacher Gemeinderat hat diesen Standort festgelegt, nicht der Bürgermeister." Und er erklärte weiter: "Seit diese Messung da ist, geht es mir besser." Abel wies darauf hin, dass in Elm auch ein solcher Sender stehe. Er gab zu bedenken, dass heutzutage jeder ein Handy benutzen wolle. Josef Kelkel kommentierte: "Ich verstehe Gott und die Welt nicht mehr. Jeder hat ein Handy, und keiner will einen Umsetzer haben."

Kommentar der Elektrosmognews: Gebetsmühlenartig wird überall betont, daß die Grenzwerte eingehalten werden. Zweifellos. Es gibt keine einzige Anlage in Europa, die die von den Mobilfunkbetreibern diktierten extrem hohen Grenzwerte überschreitet. Nur nützt das leider nichts. Bei der Schule Antonio Garcia Quintana in Valladolid wurden Strahlungswerte gemessen, die die geltenden Grenzwerte um das Tausendfache unterschreiten. Bisherige Bilanz um die Anlage herum: 18 Leukämiefälle bei Kindern.

Die Annahme, daß jeder ein Handy hat und keiner einen Mast will, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Ursache hierfür ist Informationsmangel. Kaum jemand weiß, daß ein Handy etwa 1000-10000 mal so stark strahlt, als wenn man sich der Exposition einer Basisstation aussetzt (falsche Assoziation: kleines Handy - kleine Strahlung - das Gegenteil ist der Fall). Herr Stefan Ulrich von T-Mobil Nürnberg hat in einem Telefongespräch selbst zugegeben, daß bei einem Handy "die Grenzwerte gerade so eingehalten werden". Berücksichtigt werden muß aber auch, daß eine Basisstation rund um die Uhr strahlt und sich die Anwohner dieser Strahlungsbelastung nicht freiwillig aussetzen. Die Dauerbelastung über Monate und Jahre ist dabei nicht besser als die Kurzzeitbelastung durch Handys mit hoher Strahlenbelastung. Das Handy kann man ausschalten, wegwerfen, nicht benutzen. Die Basisstation steht strahlend vor der Haustür.

J.W.

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